Franz Herre

Kaiser Franz Joseph von Österreich.

Sein Leben - seine Zeit

Mit einer Regentschaft von 1848 bis 1916 regierte der vorletzte österreichische Herrscher so lang wie kein anderer aus der Dynastie. Als 18-Jähriger auf den Thron gekommen, zeigte Franz Joseph I. sich als arbeitsamer Sachwalter seines Reiches, der Tag für Tag morgens um 6 Uhr in die Hofkanzlei kam und Akten studierte. Bei seinen Bürgern hatte er kein gutes Image: Der Kaiser bewege zu wenig, es würde nicht ausreichend und zu langsam modernisiert, Österreich verliere den Anschluss an die anderen Industriestaaten.

 

Eher zufällig landete dieses interessante Buch bei uns, als unser Freund Albert Sellner sein Antiquariat auflöste und eine Kiste voller Bücher bei uns ablud. Es ist für mich mehr als eine Biografie. Es ist ein Baustein, Europa besser verstehen zu lernen.

 

Franz Joseph I. hatte alle Hände voll damit zu tun, seinen Vielvölkerstaat unter Kontrolle zu halten. Seine Frau, die Kaiserin Sissi, machte – entgegen der verklärenden Filmfigur – keine gute Figur. Sie litt unter Langeweile, flüchtete deshalb gerne auf die Atlantikinsel Madeira und tröstete sich mit feschen ungarischen Husaren. Um diesen zu gefallen, lag sie ihrem Gemahl ständig in den Ohren, den Ungarn mehr Freiheiten zu gewähren. Gedankt wurden ihm die Zugeständnisse von den Magyaren nicht; die Forderungen nach Unabhängigkeit wurden mit den Jahren immer lauter.

 

Allerdings übersahen die Bürger die positiven Eigenschaften des Kaisers: Er war integer, überparteilich und fachlich kompetent. Und er war aggressionsfrei; Säbelrasseln, wie man es von Wilhelm II. immer wieder erlebte, lag ihm gar nicht, was im Nachhinein betrachtet, über viele Jahrzehnte durchaus ein stabilisierender Faktor für das Pulverfass Europa war.

 

Außenpolitische Fehler mit weitreichenden Folgen

In seiner Außenpolitik rückte Franz Joseph näher an Preußen. Diese Freundschaft erwies sich schließlich als tödlich, als Preußen und Österreich gemeinsam im Ersten Weltkrieg untergingen, dessen Ende der Kaiser nicht mehr miterlebte. Er starb zwei Jahre vor Kriegsende im hohen Alter von 86 Jahren an einer Lungenentzündung.

 

Bereits zuvor hatte er einen weitreichenden außenpolitischen Fehler begangen, als er den russischen Zaren beim Kampf um die Dardanellen und den Zugang zum Mittelmeer alleine ließ. Der alte Waffengefährte verlegte sich immer mehr auf den Beistand von Serbien und anderen Ausrufern des Panslawismus, stärkte diese und sicherte Russland damit schließlich auch langfristig den Einflussbereich Südosteuropa.

 

Beide Fehler führten zur Auflösung des Kaiserreichs und der Neuordnung Mittel- und Südosteuropas.

 

Franz Herre gelingt es, die Persönlichkeit des Franz Joseph I. der Nostalgie zu entreißen, die nicht zuletzt durch die Sissi-Filme und das Filmpaar Romy Schneider und Karlheinz Böhm um die Person entstand, sie in seine Zeit zu stellen und an seiner Zeit zu messen.

– Peter –

 

Franz Herre

Kaiser Franz Joseph von Österreich

Sein Leben - seine Zeit

Erstveröffentlichung 1978

Kiepenheuer & Witsch, Köln